Fast ein Jahrhundert lang beherrschten die Sioux das Kernland der nördlichen Plains. Sie schlossen nur wenige Bündnisse, machten ebenso wenig Zugeständnisse und bekamen dadurch zahlreiche Feinde. Ihre Feinde haßten sie, fürchteten sich aber auch vor ihnen, was die Sioux stolz machte – diese Überlegenheit galt es zu verteidigen.
Mitte des 18. Jahrhunderts war das Grasland, die Prärien und Plains – soweit das Auge reichte, noch Indianerland. An dessen Rändern waren aber Handelsposten wie St Louis entstanden, dies interessierte jedoch die Sioux nicht, da sie ihre Zeltlager im bewaldeten Tiefland entlang der Flüsse errichteten.
Etwa um 1750 war die Lebensweise der Sioux an das nomadische Jägerleben angepaßt. Diese Situation blieb fast ein Jahrhundert unverändert. Mitten im Bisongebiet lebend, wurde der Bison ihre Nahrungsgrundlage, seine Knochen dienten zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen und sein Fell gab ihnen Kleidung und die Zeltplanen für die Tipis – sie waren unabhängig und wirtschaftlich erfolgreich. Der Bison wanderte durch das Land, die Sioux paßten ihr Leben diesen Gewohnheiten ihrer Nahrungsgrundlage an.
Aber nicht immer war die Gesellschaft der Sioux so wirtschaftlich erfolgreich und besaßen sie auch nicht eine solche Macht wie in der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Um 1650 bewohnten die Sioux das Mille-Lacs-Gebiet im heutigen US-Bundesstaat Minnesota. Zu dieser Zeit waren sie ein Waldvolk aus kleinen Verbänden. Während die Männer der Jagd nach Rot- und Kleinwild nachgingen, ernteten die Frauen auf Seen und Flüssen mit Kanus Wasserreis. Vielleicht bauten sie auch Mais an.
Da der Bison bis zu den Appalachen verbreitet war, könnten die Sioux-Jäger auch diesem Wild nachgestellt haben. Der Bison brachte nicht nur reichlich Nahrung, sondern lieferte auch Material für Kleidung und Behausung und dass, wesentlich ausreichender als alle anderen Waldtiere. Im Westen wie auch im Süden sollen mehr Bisonherden umhergezogen sein als in anderen Teilen Nordamerikas.
Der Jagdreichtum könnte die Sioux bewogen haben, zu ihrer Wanderung in die Plains. Die Abwanderung aus dem Mille-Lacs-Gebiet wurde vielleicht auch durch die Bewaffnung ihrer Feinde – den Crees – mit Schußwaffen durch die Franzosen beschleunigt. Einst Teil der Yanktonai waren die Assiniboin, die sich jetzt mit den Cree zusammenschlossen und ihre Vettern jetzt ebenfalls ernsthaft bedrohten. Auslöser dieses Verhaltens der Assiniboin sollen eine oder zwei Frauen gewesen sein, die sich um die Aufteilung eines Bisons stritten.
Die Bewaffnung ihrer Feinde und die reiche Jagdausbeute an Bisons werden den Ausschlag zur Wanderung gegeben haben. In das Gebiet, in welches die Sioux hineinrückten, beanspruchten die Iowa und Omaha als ihre Jagdgründe. Die Sioux scheinen bereits im 17. Jahrhundert ein Maß an Selbstsicherheit gehabt zu haben, um dieses Unterfangen überhaupt erst in Angriff nehmen zu können. Erst zogen sie – vielleicht auch durch den Druck der anderen Stämme – zum Oberlauf des Mississippi, bevor sich an den Ufern des Big Stone Lake und des Lake Traverse niederließen. Vielleicht lockte sie dieses Gebiet geradezu an oder die Chippeways ihrerseits hatten die Sioux in dieses Territorium abgedrängt.
Bis 1700 hatten die Indianer der Sioux ihr Waldbewohnerleben abgelegt und waren nomadisierende Bisonjäger geworden. Die Anpassung an ihre neue Lebensweise haben die Sioux in etwa 50 Jahren vollzogen gehabt. Nach der Vertreibung der Omaha siedelten die Sioux am Ostufer des Missouri. In einer Zeit von hundert Jahren beginnend von 1650 an haben die Wanderer den westlichen Missouri erreicht. Vor den Schußwaffen der Cree waren sie nun in Sicherheit und konnten sich mit der Bisonjagd eine gesichterte Existenz aufbauen. Mit Landwirtschaft haben sie wahrscheinlich garnicht erst wieder begonnen, ihre Lebensgrundlage bildete nun der Bison, dem sie von Weide zu Weide nachzogen.
Ihr Alltag war an das Nomadenleben angepaßt. Transportierbare Tipis wurden mithilfe von Hundetravois von einem Lagerplatz zum nächsten bewegt, Tongeschirr besaßen sie nicht, dafür bereiteten sie das Essen in Bisonpansen, in den sie heiße Steine warfen, um das Essen zum Kochen zu bringen, ihr Hab und Gut wurde in Rohhautledertaschen – sogenannte Parfleches – aufbewahrt und Babies wurden in Tragegestellen transportiert. Alle Gegenstände – vom Tipi, Kleidung, Gebrauchsgegenstände… – waren beweglich und alle Tätigkeiten waren auf das Nomadentum ausgelegt.
In den Sommermonaten trafen sich die Sioux-Verbände, um miteinander zu sprechen, wichtige Angelegenheiten zu klären, gemeinsam zu feiern und religiöse Zeremonien abzuhalten. Zum anderen erneuerten sie ihren Verwandschaftsbund und wollten damit ihre Einheit stärken. Sobald der Herbst kam, wurde das Lager aufgelöst und jede Gruppe unternahm die Herbstjagden, um den Wintervorrat an Fleisch anzulegen. Oft lagerten auch mehrere Gruppen gemeinsam. Ein Grund dafür war der bessere Schutz vor Feinden – oft auch gemeinsame Interessen.
Gemeinsam ging man auf Kriegszug gegen die Arikara oder Omaha, um Berührungscoups zu erringen oder der Sioux-Nation Hochachtung bei ihren Nachbarn zu sichern. Auch gemeinsam unternahmen sie Jagden. Zum Beispiel trieben sie eine ganze Bisonherde in Hürden am Fuße von Kliffs. Damit sicherten sie sich auf einen Schlag die gesamte Winterration.
In erbitterten Kriegen hatten die Sioux die Iowa und Omaha bis 1750 aus begehrten Gebieten vertrieben und sie so geschwächt, dass sie keine Bedrohung mehr darstellten.
Zwischen 1775 und 1776 eroberten die Sioux die Black Hills und bis 1805 besiegten sie die Kiowa und Cheyenne. Damit hatte die Sioux-Nation die Gebiete zwischen Big Stone Lake, Lake Traverse und den gesamten Ostteil von South Dakota südlich des Pipestone und einen Teil der Black Hills in ihrer Hand.
1775 war eine strategisch wichtige Stelle noch im Stammesbesitz der Arikara und stellten für die Sioux Indianer Nation eine gewisse Gefahr dar. Die Dörfer der Arikara waren von Palisaden umgeben und der Stammesverband besaß eine Mitgliederzahl von 20.000 Personen. Als Ackerbauern lebten sie in mehreren festen Dörfern entlang des Missouri und zogen im Winter in Erdhütten um. Außer Feldarbeit jagten sie auch den Bison, den es in ihren Jagdgründen ausreichend gab.
Gegen diese Feinde unternahmen die Sioux Beutezüge. Sie stahlen Mais und Kürbisse von den Feldern ihrer Feinde, konnten auch Coups gegen sie landen, aber trotz der feindlichen Akte gab es immer wieder friedliche Phasen, in denen sie miteinander Handel trieben. Landwirtschaftliche Erzeugnisse der Arikara tauschten die Sioux gegen Waffen, Pferde und Felle.
Doch die Arikara versperrten den Weg und so kam es 1792 zu einer entscheidenden Schlacht zwischen beiden Stämmen. Die erlitten eine vernichtende Niederlage und mußten ihr Stammesgebiet aufgeben. Sie siedelten sich zwischen Grand River und Cannonball River an.
Mit der Vertreibung der Arikara gehörte den Sioux das Mississippital und der westliche Teil South Dakotas.
Mehrere Pockenepidemien taten bei den Arikara und Omaha das übrige, die stadtartigen Gemeinschaften wurden stark dezimiert. Auf beiden Seiten des Missouri fanden 1804 Clark und Lewis bei ihrer Expedition die Sioux. Die östlichen Gebiete hatten die Sioux aufgegeben und wohnten jetzt in den Tälern des Missouri und seiner Nebenflüsse. Als 1822/23 die Sioux über die Crow gesiegt hatten, konnten sie Gebiete westlich der Black Hills im Osten des heutigen Wyoming und südlich des North Platte als neues Stammesgebiet in Besitz nehmen. Westlich des Missouri gewannen zwar die Sioux noch in Nord-Süd-Richtung Territorium, aber sonst änderte sich im 19. Jahrhundert kaum noch etwas. Die neuen Gebiete brachten den Sioux wirtschaftliche Sicherheit vor ihren mit Waffen ausgerüsteten Feinden. Für die gesamte Nation war Unabhängigkeit und politische Autonomie das wichtigste.